Twitter steckt trotz Umsatzsteigerung in der Krise

Juli 30, 2015 5:00 pm

Trotz guter Geschäftszahlen fiel die Twitter-Aktie nach der gestrigen Analystenkonferenz um 12 Prozent. Das Unternehmen, das die Erwartungen der Wall Street deutlich übertroffen hatte, steckt dennoch in einer Krise. Das machte das Management um Interims-CEO Jack Dorsey deutlich.

Umsatzsteigerung übertrifft Erwartungen

Eigentlich gaben die Zahlen Anlass zum Optimismus: Der Umsatz von Twitter stieg im Zeitraum von April bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um beachtlich 91 Prozent auf 502 Millionen Dollar (454 Millionen Euro). Pro Aktie verdiente Twitter ohne Sonderposten sieben Cent. Die Wallstreet hatte hingegen nur mit 481 Millionen Dollar Umsatz und vier Cent Gewinn pro Aktie gerechnet. Die Auslandseinnahmen waren dabei noch deutlich höher und wurden vor allem durch den starken US-Dollar reduziert. Wäre dies nicht der Fall, könnte Twitter sogar 68 % Umsatzsteigerung für sich verbuchen. Vor allem die Werbeeinnahme konnte Twitter erheblich steigern. Sie nahmen um 63 Prozent auf 452 Millionen Dollar zu.
Alleine 88 Prozent der Werbeeinnahmen entfielen auf Anzeigen für mobile Endgeräte. Gerade dieser Bereich gilt als besonders zukunftsträchtig. Im Vergleich zu den Vorjahren war der Pessimismus der Geschäftsführung jedoch verständlich. Seit dem Börsengang im November 2013 musste Twitter die schwächste Umsatzentwicklung in einem Quartal bekanntgeben.
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Kein Turnaround in Sicht

Twitter kämpft mit stagnierenden Nutzerzahlen

Twitter kämpft mit stagnierenden Nutzerzahlen

Verantwortlich dafür ist auch das geringe Wachstum der Nutzerzahlen. Zwar stieg die Anzahl der User, die mindestens einmal monatlich Twitter nutzen um 8 Millionen auf 316 Millionen, allerdings hinkt die Kurznachrichten-Plattform damit der allgemeinen Entwicklung hinterher. Konkurrenten wie Facebook, Snapchat oder Instagram können ihre Nutzerzahlen deutlich stärker steigen. Facebook als Marktführer verfügt über Kundenzahlen, die für Twitter als unerreichbar gelten. Instagram konnte den Kurznachrichtendienst hinsichtlich der Nutzerzahlen in diesem Jahr überholen und auch Snapchat könnte dies noch in 2015 gelingen.
Das größte Problem des sozialen Netzwerkes ist nach wie vor der hohe Verlust. 2013 waren es 645 Millionen Dollar, 2014 noch 578 Millionen Dollar. Auch im abgelaufenen Quartal machte Twitter 137 Millionen Dollar Minus und konnte damit den Nettoverlust nur geringfügig senken. Zwar ist Twitter noch jung und kann sich dies als einer der Marktführer leisten, ein baldiger Turnaround ist jedoch in weiter Ferne.
Auch Finanzchef Anthony Noto machte den Anlegern diesbezüglich keine Hoffnung. Es werde noch „beträchtliche Zeit“ dauern, bis Twitter schwarze Zahlen schreibt, verkündete er bei der Konferenz. Dies liegt auch daran, dass das soziale Netzwerk nach wie vor sein Potential nicht ausschöpfen kann. Als eines der Hauptprobleme gilt, dass Twitter für Gelegenheitsnutzer zu unattraktiv ist. Nutzer von Twitter, die die wichtigsten Nachrichten ihrer nicht verpassen wollen, sind aufgrund der chronologischen Reihenfolge der Tweets fast gezwungen, Twitter mehrfach täglich zu nutzen. Ein Tweet verschwindet in der Regel innerhalb von wenigen Stunden aus der Timeline. Zwar hat Twitter die Möglichkeit eingeführt, wichtige Tweets anzuzeigen, die in der Abwesenheit des Users veröffentlicht wurden, auf die Nutzerzahlen wirkte sich dies jedoch nicht aus. Zudem fehlen laut Aussage des Managements ohnehin Argumente für ehemalige Nutzer, wieder zu Twitter zurückzukehren.
Der Geschäftsführung scheinen zudem die Ideen zu fehlen, dies zu ändern. Zwar hat Twitter in der Vergangenheit versucht, mit neuen Features neue Nutzer anzulocken, allerdings blieb der Erfolg überschaubar. Jack Dorsey bezeichnete dies als „inakzeptabel“ und betonte, dass das Management „nicht glücklich“ darüber sei. Noto fügte hinzu, dass Twitter in der Nutzung zu kompliziert sei. Wie Twitter dies verbessern möchte, blieb bei der Konferenz jedoch offen.
Die Anleger reagierten dementsprechend pessimistisch. Innerhalb der Telefonkonferenz wandelte sich das Kursplus von 11 Prozent aus dem nachbörslichen Handel nach der Bilanzvorlage zu einem Kursverlust von 12 Prozent. Innerhalb einer halben Stunde fiel die Twitter-Aktie von 40,50 Dollar auf 32,40 Dollar und markierte so ein neues Jahrestief. Derzeit scheint es nur wenige Gründe zu geben, Twitter-Aktien zu halten oder sogar zu erwerben. Einen Turnaround wird es möglicherweise sogar mittelfristig nicht geben. Anleger könnten lediglich auf eine Übernahme hoffen. Konkrete Pläne hierzu gibt es jedoch zumindest derzeit nicht.

Dorsey könnte Nachfolger den Weg ebnen

Unterdessen vermuten einige Branchenbeobachter allerdings Methode hinter dem Verhalten von Interims-CEO Dorsey. Sie halten es für möglich, dass Dorsey bewusst die Schwächen der Kurznachrichten-Plattform hervorhebt, um seinem Nachfolger den Amtsbeginn zu erleichtern.
Dorsey selbst ist erst seit Juli übergangsweise CEO bei Twitter. Er zählt mit Biz Stone und Evan Williams zu den Mitgründern und war bereits in den Anfangsjahren von März 2006 bis 2008 CEO. Allerdings musste er damals wegen mangelnder Managementkompetenz zurücktreten. Dorsey betonte auch deswegen von Beginn an, dass er nicht plane, Twitter wieder dauerhaft zu führen.
Das Unternehmen will hingegen die Zeit nutzen, um den neuen Vorstandschef sorgfältig auszuwählen. Wert legt die Unternehmensführung dabei auch auf eine emotionale Bindung an das Produkt. Den Rücktritt von Costolo im Juni 2015 belohnten die Anleger ursprünglich mit einem Kursplus von drei Prozent. Nun ist jedoch deutlich geworden, dass Twitter keinerlei Ideen hat, um das Social Network in ein Unternehmen zu wandeln, das schwarze Zahlen schreibt.