Kursmanipulationen – Mit welchen Methoden systematisch manipuliert wird!

Juli 17, 2017 10:33 am

Manipulation mit Social Media

Die Zeitschrift Wirtschaftswoche (27-2017) hat ein Thema durchleuchtet, dass uns Börsianer aufhorchen lassen sollte. Es geht um die Manipulation von Börsenkursen, mit Hilfe gezielt gestreuter Falschinformationen. Die Tools der Betrüger sind:

  • Falsche Twitter-Meldungen
  • Manipulierende Berichte von Analysten zu börsennotierten Unternehmen, um einen kurzfristigen Kurssturz auszulösen.
  • Soziale Medien als systematisches Instrument der Manipulation

Ein großes Problem bei allen Vorwürfen bleibt die Nachweisbarkeit. Kursmanipulationen sind zwar eine Straftat, doch um die Manipulatoren zu überführen, bedarf es handfester Beweise. Hier liegt der Knackpunkt, denn eine Vermutung auszusprechen, ist nicht strafbar.

Roboter machen die Nachrichten

Eines der wichtigsten Tools der Manipulation sind Soziale Netzwerke. Die Universität South California hat herausgefunden, dass inzwischen 15% aller Twitter-Konten nicht mehr menschlich sind. Hinter den Tweets stecken Text-Roboter, die gezielt Gerüchte oder Falschmeldungen streuen, wie Kapitalerhöhungen und Pleiten.
Die Umsetzungen der Börsen-Orders sind so schnell geworden, dass in Sekundenbruchteilen Positionen eröffnet und geschlossen werden können. Es reicht also aus, eine Aktie in den Sozialen Medien für kurze Zeit zu pushen oder zu bashen, um daraus Profit zu ziehen.
Das rasante Wachstum der Sozialen Medien macht es möglich. Zum Vergleich: In 2010 gab es pro Tag circa 10000 börsenrelevante Informationen. Heute sind es über 1 Million Meldungen pro Tag. Ein rasanter Anstieg, der eine Kontrolle unmöglich macht.
Die Betrüger haben leichtes Spiel, denn einen Verdacht auszusprechen ist nicht strafbar. Die Wirkung lässt mit der Vernetzung der sozialen Netzwerke nicht lange auf sich warten. Juristisch angreifbar ist lediglich die Verleumdung oder Streuung falscher Fakten. Es gibt also eine Grauzone, zwischen korrekter Meldung und Falschmeldung.
Das bedeutet, Betrüger können kaum überführt werden. Es reicht schon, wenn Zweifel an einem Unternehmen gesät wird. Wie real die Gefahr der Manipulation ist, konnte man in der jüngsten Vergangenheit auch an deutschen Börsen erleben. Opfer von gezielten Manipulationen wurden Wirecard und Aurelius.
In beiden Fällen wurden von Analystenhäusern Unternehmensanalysen erstellt, um die Qualität des Geschäftsmodells und des Managements in Frage zu stellen.
Wochen-Chart Wirecard Aktie mit Manipulationszeitpunkt
Bild: Tages-Chart der Wirecard-Aktie und der Zeitpunkt der Manipulation

Schönt Wirecard die Geschäftszahlen?

Im Fall von Wirecard wurde eine Unternehmensanalyse eines Fonds herausgegeben. Dieser Fonds hat sich vor der Veröffentlichung mit Short-Positionen eingedeckt. Das weitgehend unbekannte Analystenhaus Zatarra Research behauptete in der Analyse, dass Wirecard seine Geschäftszahlen zu gut darstelle, und die wahren Zahlen deutlich schlechter wären. Weil sich solche Behauptungen nicht so schnell aus der Welt schaffen lassen, brach der Kurs ein. Ängstliche Aktionäre warfen blind ihre Wirecard-Aktien auf den Markt. So fiel der Kurs von circa 46 auf 32 Euro. Über eine Milliarde Euro an Unternehmenswert wurden dabei eliminiert. Wer dann noch mit gehebelten Short-Positionen dabei war, konnte in kürzester Zeit ein Vermögen verdienen.
Wie man am aktuellen Aktienkurs sieht, hat sich die Aktie von Wirecard wieder gut erholt, und steht in der Nähe des Allzeithochs. Die Geschäftsleitung hat einige Zeit benötigt, um die Gerüchte aus der der Welt zu schaffen. Es ist nicht bekannt, dass ein Schadensersatz von irgendeiner Seite gezahlt wurde.
Wochen-Chart Aurelius Aktie mit Manipulationszeitpunkt
Bild: Tages-Chart der Aurelius-Aktie und der Zeitpunkt der Manipulation

Ist Aurelius vertrauenswürdig?

Im Fall von Aurelius unterstellte man unter anderen dem Vorstands-Chef, dass er seinen Universitätsabschluss in Harvard nur vorgetäuscht hätte. Korrekt ist aber, dass der Aurelius-Boss dort lediglich ein Gastsemester verbrachte, und nicht die Absicht hatte, in Harvard den Abschluss zu machen.
Aurelius ist eine Industrieholding mit vielen Beteiligungen. Damit ist das Wertpapier ein besonders leichtes Manipulationsobjekt, denn konkrete Details lassen sich nicht leicht überprüfen. Es gibt eben zu viele Unternehmen unter dem Dach von Aurelius. So lassen sich mit unterschiedlichen Bilanzierungsregeln, fragwürdige Unternehmensergebnisse aufzeigen.
Der obere Chart zeigt den Kursverlauf von Aurelius. Ein dramatischer Absturz im März, von dem sich die Aktie bis heute nicht erholen konnte. Auslöser für den Absturz war die Analyse von „Gotham City Research“. Das klingt ein wenig nach Batman und Comics und ist vermutlich gewollt.
Mit einer 70-seitigen Analyse wurde das Ansehen von Aurelius schwer beschädigt. In kürzester Zeit wurde 800 Millionen Euro Börsenwert vernichtet. Der legale Trick bei solchen Analysen ist, dass gezielte Falschinformationen vermieden werden. Das muss man auch nicht, denn es reicht schon, wenn Andeutungen und Vermutungen ausgesprochen werden.

Alexa: Ein neues Tool zur Unternehmensanalyse

Wer den Fernseher anschaltet, der kommt nicht daran vorbei, sich die penetrante Alexa-Werbung von Amazon ansehen zu müssen. Im Hintergrund von Alexa läuft ein programmiertes Analysewerkzeug (www.alexa.com) mit Verbindung zur Amazon-Cloud. Die Alexa-Software bewertet Unternehmen und deren Homepages. Dazu misst das Programm die Anzahl der täglichen Besucher in einem Zeitraum der letzten drei Monate. Es kombiniert die Besucherdaten mit der Reichweite und der Interaktion der User. Der Effekt: Je stärker das Unternehmen vernetzt ist, desto stärker zieht der Aktienkurs an. Das Zauberwort ist heißt: „Trend“. Je mehr Leute auf ein Unternehmen positiv aufmerksam werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das auch positiv auf den Aktienkurs auswirkt.
Nicht dass wir uns falsch verstehen. Alexa manipuliert keine Unternehmensdaten, sondern wertet soziale Medien aus. Dadurch ist es möglich, die Wirkung einer Aktienmanipulation abzuschätzen.
Große Profiteure in der jüngsten Vergangenheit waren zum Beispiel Gucci und Louis Vuitton. Das Prinzip funktioniert auch in anderen Branchen. So profitiert momentan Daimler und VW vom Alexa-Prinzip. Amazon vermietet per Abonnement gerne die Analysefähigkeit an Marketing- und Werbeagenturen. Alexa steht allerdings für jeden offen. Die Kosten fangen ab 99 US-Dollar pro Monat an.
Alexa kann für Börsianer ein cleveres Internet-Tools sein, das Trends erkennt und Wertpapier-Depots verbessert.

Wenn Geld verdient werden kann, dann ist alles denkbar?

Mittlerweise gibt es viele Börsenanalyse-Programme, die Meldungen in sozialen Netzwerken auswerten und sogar direkte Handelssignale aufzeigen. Die Präzision reicht aus, um aus Trends und Gerüchten entsprechende Gewinne zu ziehen.

Was kann man als smarter Börsianer tun?

Als Trader muss man sich die Frage stellen, wie man auf Manipulationen reagieren kann. Nun, ich denke den ultimativen Ratschlag gibt es nicht. Schließlich muss in Betracht gezogen werden, dass börsenrelevante Informationen sowohl wahr als auch falsch sein können.
Die große Mehrheit der Unternehmensmeldungen ist sicherlich wahr und korrekt. Allerdings gibt es in der Börsenhistorie zu viele Beispiele von betrügerischen Unternehmensvorständen und deren eigene Kursmanipulation. Spontan fallen mir Firmen ein, wie Metabox, Infomatec oder Comroad. Es waren ehemalige Stars des Neuen Marktes. Die Firmen lebten jahrelang von Scheinumsätzen und geschönten Geschäftszahlen.
Die Anzahl guter Informationsquellen hat rasant zugenommen. Im Konkreten gibt es die Möglichkeit, sich selbst näher mit dem Fall zu beschäftigen. Und das heißt, relevante Fakten zusammentragen, und sich ein eigenes Urteil bilden.
Ein wichtiges Indiz sind dabei Insider-Transaktionen. Wenn Unternehmensvorstände und andere Insider Aktien kaufen oder verkaufen, dann hat das eine Bedeutung. Hierbei sollte erwähnt werden, dass Käufe höher gewichtet werden müssen als Verkäufe. Bei Aktienverkäufen können die Motive vielseitig sein, und liegen nicht selten außerhalb des Unternehmensgeschehens.
Im Gegensatz dazu, besitzen Insider-Käufe eine höhere Aussagekraft. Bei Käufen gibt es immer die klare Absicht, von zukünftigen Kursgewinnen zu profitieren. Ein Insider kauft auch nicht Aktien, wenn es in absehbarer Zeit schlechter Meldungen geben wird.
Trading mit GDL